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SF-RPG: Setting

Kategorie Rollenspiel
Inhalt
Als ich mir erst mal eingestanden hatte, dass die Fantasy-Kampagne am Ende war, stand die Frage 'Was nun' im Raum.
Ein Science-Fiction-Setting hatte mich schon lange gereizt ('lange' heißt hier etliche Jahre), aber ich hatte immer geglaubt, ich würde die Leute dafür nicht zusammen bekommen. Das mag auch lange Zeit richtig gewesen sein, aber die jetzigen Spieler schätzte ich als dafür offener ein.

Als Regelwerk kam natürlich nur mein eigenes in Frage. Alle mir bekannten SF-Rollenspiel-Regelwerke machen irgendwelche Kompromisse, mit denen ich nicht leben kann, und konzentrieren sich auf Fragen, die ich für völlig sekundär halte ('Waffenwerte' für Laser beispielsweise - oder Bewegungsregeln für Raumschiffe, oder Karriereregeln für Bodentruppen, oder gar Regeln für die Entwicklung des Aktienmarktes. Don't Ask).

Mein Eigenes brauchte zumindest keine großartige Entschlackung dafür - nur neue Charakterblätter. Außerdem mag ich die Regelmechanismen wenigstens, sie kommen mir nämlich nur selten in die Quere.

Richtig, das Wichtigste beim Rollenspiel: Charakterblätter. Die Dinger von Fantasy auf SF zu bringen war zeitaufwändig, und aus verschiedenen Gründen konnte ich das auch erst am Tag vor dem Spiel machen. Vorher hatte ich zwar einige Zeit, mit Gedanken zu machen, aber wenig Gelegenheit, das wirklich strukturiert zu machen.

Wer jetzt denkt, dass man das alles nicht mit nur einem Tag Vorlaufzeit hin bekommt: Doch, das geht. Man muss nur damit leben, dass man Fehler macht, die man später ausbügeln muss (da traf den Bereich Technik). Damit konnte ich aber besser leben als mit einer Absage - die Leute zusammenzubekommen, ist nicht immer einfach. Und kurzfristig abzusagen ist auch nicht wirklich optimal.
Und Leiden zu verlängern, also auf Teufel komm' raus die im Grunde tote Fantasy-Kampagne noch einen Spielabend weiter laufen zu lassen? Bitte nicht.

  • Das Hauptproblem lag tatsächlich in den Charakterblättern - das alte LaTeX-Zeugs zu ändern ist immer wieder kein Vergnügen. Es geht, und möglicherweise geht es auch besser als alle anderen Lösungen, aber schön ist etwas anderes - zumal ich paar Makros an wieder eine neue TeX-Distribution anpassen musste, obwohl ich sie schon längst nicht mehr verstehe.
  • Darin musste ich dann die Liste relevanter Fähigkeiten unterbringen. Nun sind die zu 80% identisch mit denen aus der Fantasy-Kampagne (juckt jemanden die Frage, ob es nun Rechnen oder Mathematik heißt?), aber die anderen 20% muss man sich überlegen: Wie weit will man Gebiete wie Computertechnik aufsplitten? Oder Raumschiffstechnik? Und was ist Letzteres überhaupt?

    Zum Glück ist die Zeit lange vorbei, dass ich noch Spaß an feiner Aufgliederung hatte, daher war die Antwort einfach.
  • Eigentlich sollte ich mir auch noch Gedanken über so etwas Waffen gemacht haben, aber glücklicherweise kann ich bei den derzeitigen Spielern darauf verzichten - und falls sich doch eine Kneipenschlägerei entwickelt hätte: Dafür reicht das Systeme allemale.

    Ansonsten? Ein ordentlich starker Laser macht ein fürchterliches Loch, und es weiß eh kein Mensch, wie sich das auswirkt. Theoretisch gibt das eine absolut saubere Wunde, aber was macht eigentlich der plasmatisierte frühere Inhalt des Lochs? Dehnt der sich vielleicht explosiv aus und zerfetzt die Umgebung? Oder verbrennt er sie nur? Will ich das wirklich wissen?

    Und auch eher mechanische Tötungsinstrumente sind nicht ohne. Da gibt so viele gräßliche Spezialitäten… und schon die Frage, wie Schrot tötet, ist ja längst nicht einfach zu beantworten. Reicht es nicht aus zu wissen, dass man manche Sachen besser nicht abbekommt?
  • Viel interessanter war die Frage, was die Technik im All erlaubt. Wie viel Beschleunigung, wie viel Geschwindigkeit? Und wie arbeitet so ein überlichtschnelles Antriebssystem? (das es letzteres geben mußte, war durch das Setting bedingt)

    Die Fragen hätte ich natürlich besser vorher beantwortet, aber dafür fehlte mir dann doch die Zeit, und so habe mich dann bei jeder Einzelnen später korrigieren müssen.

    War das schlimm? Wohl kaum - aber es war interessant zu sehen, warum ich mich später korrigiert habe, und welche wichtige Frage ich ganz außen vor gelassen habe.
  • Ganz einfach war die Frage nach dem eigentlichen Abenteuer. Irgendeine Art von Piraten hatte ein Schiff überfallen, und die Spieler durften zu einer Rettungsmission. Das würde auch ein guter Aufhänger für eine spätere Piratenjagd (die Typen sind professionell, aber widerlich, und müssen einfach weg).

Setting


Das Drumherum war einer dieser guten, spontanen Einfälle: Ein Haufen politischer Häftlinge und kleinerer Gelegenheitsverbrecher bekommt die Gelegenheit, sich, statt über eine unbefristete Zeit praktisch langsam zu vergammeln oder theoretisch in einer Art Tiefschlaf darauf zu warten, dass im Gefängnis ein Platz frei wird, sich als Teilnehmer an einer Art militärischer Anti-Piraten-Mission zu beteiligen. Als Teambildungsmaßnahme ist das vielleicht zweitklassig, aber wenigstens kann man viel Zeit sparen, wenn man die Leute nicht überreden muß, etwas zu tun, sondern sagen 'Ihr seid Freiwillige. Macht!'.
Dabei landen die Leute gleich ganz weit weg von Zuhause auf einem 50 Jahre alten, riesigen und fast menschenleeren Truppentransporter mit demoralisierten Truppen, und bekommen gleich mit, dass nicht viel so läuft, wie man sich das zuhause vorstellt.

Das klingt nicht nach einer Utopie? Nein, die stand nie auf dem Programm. Dystopien sind ja viel interessanter.

Damit könnte man sich ersparen darüber nachzudenken, wie es zuhause auf der Erde aussieht. Nur lohnt es sich praktisch doch, eine Hintergrundgeschichte zu haben, schon alleine weil man sich eine Menge irgendwann auffallender logischer Brüche erspart.

Der Hintergrund ist der eine Erde, die eine größere Umweltkatastrophe hinter sich hat, die politisch etwas geeinter ist als heute, aber weit davon weg ist, geeint zu sein - da gingen zwar etliche Nationalstaaten in größeren Staatenblöcken auf, ohne dass diese Staatenblöcke aber irgendeinen Ansatz zeigten, sich untereinander zu einen. Ein paar der Staaten spielen mal hier, mal da mit, und die Staatenblöcke spielen selbst mal in dieser, mal in jener Koalition mit. Das ist also nur eine einfachere Version der wenig guten politischen Situation, an die wir uns ja so gut gewöhnt haben.
Es gibt sogar etwas wie eine UNO - einen Papiertiger ganz ohne Zahnimitate.

Heimatland? Europa. Klar. Klar? Also, Nationen gibt es schon noch, aber so richtig viel Bedeutung haben sie nicht mehr. Siehe Schottland, Tirol oder Bayern. Gut, dann und wann erheben sie ihre grässliche Stimme, aber… das fällt in der Kakofonie nicht sonderlich auf.

Regierungsform? Demokratur. Eine Demokratie mit starkem Unterton einer Diktatur der Mehrheit, der Lobbies und indirekt des Kapitals. Das Wahlrecht bevorzugt ganz klar die bevölkerungsstärksten Nationen. Das kennen wir ja auch schon - und wie die Tendenz dahin gestoppt werden könnte, scheint auch niemand zu wissen.

Arbeitslosigkeit: Wäre irrsinnig hoch, wenn der Staat nicht so viele Leute fest angestellt hätte. Aber dazu komme ich später noch.

Wirtschaft: Im Tief eines Kondratjew-Zyklus. Hier sei es der, der sich aus der Verfügbarkeit von überlichtschnellem Raumflug ergibt. Sprich: es war eine Art Goldrausch mit irrsinnigem finanziellem Aufwand ausgebrochen, ein Wettrennen zur Kolonisierung im Weltall. Die Erwartungen sind bisher nur teilweise erfüllt worden, und außerdem gab es zusätzlich Probleme mit Außerirdischen.
Nun kann man darüber streiten, ob so etwas wie Kolonialisierung im Weltall Sinn hat, aber es sind Szenarios denkbar, in denen sie Sinn ergibt - sei es, weil die Heimatwelt sich der Unbewohnbarkeit nähert, sei es, weil man anders leben will als es zuhause ginge.

Außerirdische: Viele. Tausende Völker. Einige expansiv, einige nicht. Einige alt, einige neu. Einige Raubtiere, einige Aasfresser, aber nur wenig Beute. Technologie von Steinzeit bis Sternzeit++.

Kolonien: So einige, ziemlich unterschiedliche - oder auch ähnliche. Für das spezielle Setting habe ich eine Region mit zwei jungen Sternenhaufen angenommen, die alt genug sind, um Planeten entwickelt zu haben, aber längst nicht alt genug, um eine Spur von Leben zu tragen. Da braucht man sich keine Sorgen um die fremde Biologie zu machen, aber Gras säen, um Pferde oder Schafe zu halten, braucht man auch nicht - die Mikrobiologie im Boden fehlt, und ich vermute, das wird sie für lange, lange Zeit. Folglich gehe ich davon aus, dass Nahrung in High-Tech-Farmen erzeugt wird, und ein Kolonisierungsprojekt eine Mammutaufgabe ist, da die ganze Infrastruktur geschaffen werden muss, um diese Farmen zu warten.
Sprich: rein technisch sind diese Kolonien sich sehr ähnlich.
Daneben könnte es natürlich auch kleinere Projekte geben, die im Grunde aus einer kleinen High-Tech-Farm bestehen, und deren Bewohner darauf setzen, dass ihr gewählter Planet genug abwirft, um die Anlage zu warten - vermutlich werden das eher kleine Kolonien sein, weil die meisten Menschen doch ein bisschen mehr Sicherheit schätzen. Aber diese kleinen Kolonien werden sich nur im Umfeld der Großen halten können, weil sie einfach zu viele Dinge importieren müssen (an der Stelle werden dann Transportkosten sehr interessant).

Als Rahmen wird das reichen.

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